Monatelang gedemütigt und gequält

US-Magazin veröffentlichte geheimes Folterprotokoll aus Gefangenen-lager Guantánamo. Pentagon verteidigt »bewährte Befragungsansätze«

Der Senat in Washington muß sich am morgigen Mittwoch mit einem neuen Fall von Folter im US-Militärgefangenenlager Guantánamo befassen. Hintergrund ist ein Bericht in der jüngsten Ausgabe des US-Magazins Time, in dem die Gefangenenmißhandlung als alltägliche Lagerpraxis angeprangert wird. Das Blatt berichtete am Sonntag unter Berufung auf das streng geheime Logbuch über das »Verhör« des Gefangenen Nr. 063. US-Soldaten hatten demnach den saudiarabischen Gefangenen Mohammed Al Kahtani über Monate hinweg gedemütigt und gequält, bis er schließlich gestanden habe, der Terror-organisation Al Qaida anzugehören. Das Pentagon dementierte keinen der Vorwürfe, sondern sprach von »bewährten und überwachten Befragungs-ansätzen«. Zahlreiche US-Senatoren reagierten unterdessen entsetzt über den jüngsten Folterreport.

In dem 84 Seiten umfassenden Geheimprotokoll sind die verschiedenen »Verhörmethoden« minutiös fesgehalten. US-Soldaten hatten den Mann unter anderem nackt ausgezogen, ihm Pornobilder um den Hals gehängt und ihm befohlen, wie ein Hund zu bellen. Einmal hätten die »Verhörexperten« den Moslem auf den Boden gelegt, und eine Soldatin habe sich über ihn gekniet. Als Kahtani versucht habe, die Frau von sich wegzustoßen, hätten die Militärs ihn festgehalten. Als er aus Protest gegen die Mißhandlungen in Hungerstreik trat, wurden ihm durch eine Kanüle im Arm große Mengen Flüssigkeit eingeflößt; anschließend durfte er nicht auf die Toilette gehen, so daß er in die Hose urinieren mußte.

Die täglichen Vernehmungen Kahtanis begannen den Angaben zufolge bereits um vier Uhr morgens und hörten erst um Mitternacht auf. In den Verhörpausen sei er mittels lauter Popmusik am Schlafen gehindert worden. Die Tortur dauerte von November 2002 bis Januar 2003.

Laut Time hat US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld in jener Zeit persönlich 16 zusätzliche Verhörtechniken für bestimmte Gefangene wie Kahtani bewilligt. Dazu gehörten das lange Stehen in schmerzhaften, sogenannten Streßpositionen, bis zu 30 Tagen komplette Isolation sowie sexuelle Erniedrigungen.

Rainer Rupp

junge Welt vom 14.6.2005

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