Tödliches Geschäft: Deutschland exportiert Waffenbestandteile wie ein Weltmeister

Die Ausfuhr von Rüstungskomponenten wird leicht gemacht und steht kaum zur Debatte

Deutschland ist Exportweltmeister 2004, und der Tod bleibt ein Meister aus Deutschland. Anton Börner, Präsident des Bundesverbandes des Groß- und Außenhandels, verkündete am Dienstag in Berlin nur den ersten der beiden Fakten. Exportschlager seien Kraftfahrzeuge, Maschinen und chemische Erzeugnisse, weiteres Potential gebe es vor allem in der Informations- und Kommunikationstechnik. Damit umriß Börner aber eine Produktpalette, die jede Menge Spielraum für lukrative Waffenschiebereien aufzeigt. Denn nicht die großen Rüstungsexporte wie die zuletzt diskutierten Panzerlieferungen Deutschlands an die Vereinigten Arabischen Emirate bestimmen das Geschäft, sondern die Ausfuhren von tödlichem Beiwerk, den sogenannten Rüstungskomponenten.

»›Made in Germany‹ steckt viel häufiger in ausländischen Waffen, als es von außen zu erkennen ist«, heißt es in einer Studie des Berliner Information-Center for Transatlantic Security (BITS) und der Hilfsorganisation Oxfam, die ebenfalls am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Das Papier mit dem Titel »Komponenten – die vergessenen Rüstungsexporte« rückt Produkte in den Mittelpunkt, die als Bestandteile von Waffen oder Waffensystemen gehandelt werden und sogenannte Dual-Use-Güter, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können. Diese Produkte »machen deutlich mehr als die Hälfte der deutschen Rüstungsexporte aus«, heißt es in der Studie. Vieles spreche dafür, daß ihr Anteil sogar über 75 Prozent betrage.

Die öffentliche Diskussion um Rüstungsexporte, so sie überhaupt stattfinde, drehe sich aber in der Regel nur um die Waffengeschäfte, schreiben die Autoren der Studie. Durch diese Konzentration auf die großen Deals könne die Bundesregierung weiter an ihrem Mythos von einer restriktiven Rüstungsexportpolitik basteln.

Die Ausfuhr der Komponenten ist deutlich einfacher als die von kompletten Waffen oder Waffensystemen. Und sollte der Export in Deutschland dennoch an gesetzliche Grenzen stoßen, geht es vielleicht im nächsten Land: »Nicht Botswana oder Usbekistan sind in diesem Fall die Problemstaaten. Stattdessen müßten Exporte an Frankreich, Großbritannien, die USA oder an ‚Tiger-Staaten’ der Rüstungsproduktion wie Brasilien, Israel, Südafrika und Südkorea mit Vorsicht behandelt werden«, so Christopher Steinmetz vom BITS. »Von da aus gelangen deutsche Komponenten auf Kriegsschauplätze und in Länder, für die es aufgrund der deutschen Rüstungsexportrichtlinien keine Genehmigung geben dürfte.«

Durch solchen Waffenexport light kann die Bundesregierung auch weiter an ihrer angeblichen Ablehnung des Irak-Krieges festhalten. Denn neben weiteren Beispielen belegt die Studie, daß deutsche Rüstungskomponenten dort in großer Zahl zum Einsatz kommen. Britische Panzerhaubitzen rollen auf Ketten der deutschen Firma Diehl Remscheid, britische Infanteriesoldaten morden mit vom deutschen Hersteller Heckler & Koch modernisierten Sturmgewehren, und US-Kampfflugzeuge zielen unter Mitwirkung der Infrarot-Sensortechnik der Firma AEG. Und schließlich sorgen elektronische Zünder von Junghans und Treibladungen des Herstellers Nitrochemie dafür, daß diverse Munitionsarten im Irak zuverlässig explodieren. »Die Zahl der direkten und indirekten Opfer deutscher Wehrtechnik im Rahmen dieses Krieges wird sich sicher nie ermitteln lassen«, so die Autoren der Studie. Aber sicher sei, daß Deutschland einen zuverlässigen Beitrag leiste.

Wera Richter

junge Welt vom 9.3.2005

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