Zweiter Jahrestag des Überfalls auf Bagdad: Hunderttausende forderten weltweit den sofortigen Abzug aller Besatzertruppen

»Irak wird euer Vietnam«

Demonstrationen gegen Bush, Blair, Berlusconi

Hunderttausende Menschen in aller Welt forderten am Wochenende den sofortigen Abzug der Besatzer aus Irak. Genau zwei Jahre zuvor, in den Morgenstunden des 19. März, hatten die Bagdad mit ihren High-Tech-Waffen ins Visier genommen. Der völkerrechtswidrige Angriff auf das Zweistromland begann. Nun gingen allein in London und Rom, den Hauptstädten der beiden wichtigsten europäischen Aggressoren, bis zu 250000 Menschen auf die Straße. In den USA versammelten sich in allen 50 Bundesstaaten Kriegsgegner, darunter viele »Veteranen« genannte ehemalige Irak-Soldaten. Auch aus anderen Besatzerländern wie Australien, Japan, Polen, Dänemark und Südkorea wurden Demonstrationen gemeldet. Zudem kam es in Istanbul, Athen, Barcelona, Stockholm, Montreal und vielen anderen Städten zu Protesten jeweils Tausender. Aus der Bundesrepublik Deutschland dagegen wurden keine größeren Aktivitäten bekannt.

»George Bush und Uncle Sam – Irak wird euer Vietnam«, lautete einer der Sprechchöre in London. Dort kamen rund 150000 Demonstranten aus ganz England – die Polizei wollte 45000 gezählt haben – zusammen, um den sofortigen Abzug aller ausländischen Truppen aus dem Irak zu fordern. Vor der US-amerikanischen Botschaft stellten sie einen Sarg mit der Aufschrift »100000 Tote« auf. Der Vorsitzende einer Antikriegskoalition, Andrew Murray, sagte, der Krieg sei eine »ungesetzliche und unnötige Aggression« gewesen. Die Kriegsgegner verlangten ausdrücklich eine Zusage der US-Regierung, keine anderen Länder wie Iran oder Syrien anzugreifen. Bush solle außerdem seine Unterstützung für Israels »brutale Besatzungspolitik« aufgeben und bei der atomaren Abrüstung selbst den ersten Schritt tun.

In Rom geriet Ministerpräsident Silvio Berlusconi am Samstag weiter unter Druck. Nachdem Italiens Hauptstadt bereits am Freitag eine Riesendemonstration mit 200000 Gewerkschaftern erlebt hatte, fanden sich am Samstag im Zentrum der Ewigen Stadt erneut weit über 100000 Demonstranten ein. Hatten am Freitag Millionen Angestellte des öffentlichen Dienstes in Italien landesweit für höhere Gehälter gestreikt, galten die Proteste am Samstag der italienischen Unterstützung des Irak-Kriegs. Am Rande kam es zu Angriffen der Polizei auf Demonstrierende, die versucht hatten, zu Berlusconis Amtssitz, dem Pallazzo Chigi, vorzudringen.

In New York wurden 27 Kriegsgegner festgenommen und brutal gefesselt. Sie waren nach einer Kundgebung vor der Zentrale der Vereinten Nationen über die 42. Straße zum Times Square zogen, wo sie von der Polizei eingeschlossen wurden. Einige der Protestierenden führten zum Gedenken an die Toten im Irak symbolische Särge mit. Mehrere Gruppen von Demonstranten der »War Resisters League« (Liga der Kriegsgegner) zogen vor Rekrutierungsbüros der Streitkräfte und blockierten diese. »Das ist so ein kleiner Akt angesichts der mehr als 100 000 toten Iraker und der 1 500 toten amerikanischen Soldaten«, sagte die 40jährige Anna Brown, bevor sie ebenfalls festgenommen wurde.

Indes verteidigte US-Präsident George W. Bush den Überfall auf Irak erneut. In seiner wöchentlichen Radioansprache sagte Bush, der »Sieg der Freiheit« im Irak stärke den »neuen Verbündeten im Kampf gegen den Terror«.

junge Welt vom 21.3.2005

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