Sitzblockaden sind keine Nötigung

Freispruch für Aktivisten der Friedensbewegung, die vor der Rhein-Main-Airbase an Aktionen der Kampagne »resist the war« gegen den Irak-Krieg teilgenommen hatten

Als einen »Erfolg für alle, die an gewaltfreien Sitzblockaden gegen den Irak-Krieg teilgenommen haben«, werten das Komitee für Grundrechte und Demokratie und das Netzwerk Friedenskooperative das jüngste Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main. Das OLG sprach am Freitag vier Aktivisten der Friedensbewegung vom Vorwurf der Nötigung frei.

Das Urteil ist der vorläufige Abschluß einer Prozeßserie gegen Personen, die vor der Rhein-Main-Airbase, dem vom US-Militär genutzten Teil des Frankfurter Flughafen, während des völkerrechtswidrigen Irak-Krieges im März 2003 teilgenommen hatten. Nach mehreren derartigen Aktionen vor den Toren der bedeutendsten Drehscheibe in der BRD für militärischen Nachschub der US-Armee im Vorfeld und während des Irak-Kriegs, waren Dutzende Aktivisten wegen Nötigung angeklagt worden.

Nach Ansicht des OLG waren die Kriterien des Nötigungsparagraphen aber nicht erfüllt. Es liege auch keine Verwerflichkeit vor, was Voraussetzung für eine Verurteilung gewesen wäre. Während die Angeklagten in der ersten Instanz noch wegen Nötigung verurteilt worden waren, hatte sie das Frankfurter Landgericht (LG) freigesprochen.

Gegen diese Freisprüche war die Staatsanwaltschaft in Revision gegangen. Ein Wermutstropfen bleibt: Friedensaktivisten, die sich an den Blockadeaktionen beteiligt hatten, wurden in der Vergangenheit wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz zu einer Geldbuße verurteilt. Dagegen hatte ein Betroffener ebenfalls Widerspruch eingelegt. Doch die inhaltliche Debatte über diese Revision verweigerte das OLG, indem es das Verfahren abtrennte und sie sieben Tage vor der gestrigen Hauptverhandlung ohne mündliche Verhandlung verwarf.

Die von zahlreichen Organisationen und Gruppen der Friedensbewegung getragene Kampagne »resist the war«, die die Airbase-Blockaden gegen den Irak-Krieg mit initiiert hatte, bewertet das endgültige Scheitern des Nötigungs-vorwurfs als großen politischen Erfolg für die Friedensbewegung. Für Martin Singe ist die Verweigerung einer Revision in Sachen Verstoßes gegen das Ver-sammlungsgesetz jedoch ein großes Ärgernis. Schließlich wäre es hier möglich gewesen, so der Prozeßbeobachter, durch die Geltendmachung der Rechtferti-gungsgründe für die Teilnahme an Aktionen zivilen Ungehorsams »die Völker-rechtswidrigkeit des Irak-Krieges und die grundgesetzwidrige Unterstützung dieses Krieges durch die Bundesregierung« zu thematisieren. Sein Fazit: »Vor dieser Debatte scheuen die Gerichte bis heute zurück und schützen damit das rechtswidrige Handeln der Bundesregierung«.

Tim Neumann

junge Welt vom 10.9.2005

Trackback URL:
https://frilahd.twoday.net/stories/974055/modTrackback

logo

Friedensladen Heidelberg

SEITE DURCHSUCHEN

 

AKTUELLE BEITRÄGE

STATUS

Online seit 7005 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 18. Okt, 16:39

USER STATUS

Willkommen ...

.....................................